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1278.

König Ottokar bittet die polnischen (d. h. schlesischen) Herzoge mit Rücksicht darauf, dass doch vor dieselben ihm blutsverwandt und Fürsten von Ländern, die dem seinigen benachbart und lingue consonancia verknüpft seien, ihm gegen den römischen König Rudolph, und die Deutschen überhaupt, gegen deren Unersättlichkeit und exosa numerositas er für Polen ein sicheres preurbium abgebe, welches die Unterjochung der polnischen Fürsten verhüte, Beistand zu leisten und zu diesem Zwecke an bestimmtem Termine (Dolliner ergänzt hier aus dem canon. Prägens.

Mon. Germ. XI. 192 d. 29. Juni) mit ihren Truppen zu ihm zu stossen. Dolliner cod. epist. Ottocari 93, und danach Stenzel Ss. rer. Siles. II. 479. Dolliner hat sich die Mühe gegeben, aus O. v. Hornecks Reimchronik Pez Ss. rer. Austr. III. 141 Näheres zu ermitteln über die schlesischen Fürsten, welche hier wohl in Frage kommen könnten; est ist dies der herczog aus Pullen (Wladysl. von Oppeln), der von Glogau (Heinr. III.), von Breslau (Heinrich IV.), dessen Vetter H. Prinickh (Primko von Sprottau und Sagan) von Ratwar herczog Lestickh (hier muss H. irren, L. gehört in viel spätere Zeit, vielleicht ist Mesko, der älteste Sohn Wladyslaw's von Oppeln gemeint). Uebrigens stehe ich nicht an, zu behaupten, dass dieser Brief, der bereits in so demonstrativer Weise verwerthet worden ist, (vergl. z. B. Palacky böhm. Gesch. II. 1. 294), nicht mehr sei als die Stilübung jenes czechischen Notars aus dem XIV. Jahrh., der, wie Dolliner in der Vorrede p. II. selbst eingesteht, an dem augeblich von Henricus de Isernia verfassten Formelbuche aus der Zeit Ottokar mitgearbeitet hat. Dass ein czechischer Notar im XIV. Jahrhundert es für möglich hielt, König Ottokar könne in dieser Weise geschrieben haben, ist ebenso denkbar, als es undenkbar ist, dass König Ottokar wirklich so geschrieben habe an schlesische Herzoge, an deren Spitze jener Heinrich IV. stand, der unter den deutschen Minnesängern eine ehrenvolle Stelle hat. Einen solchen Fürsten als Kämpen für slavische Nationalität in einem Racenkampfe gegen die Deutschen aufrufen zu wollen, wäre lächerlich gewesen. Ja wir haben sonst gar keine Veranlassung, Ottokar eine solche Auffassung seines Kampfes gegen Rudolf, wie sie in diesem Briefe uns entgegentritt, zuzuschreiben, und sein inniges Verhältniss zu Heinrich IV., der sich nun doch einmal auf keine Weise zum slavischen Paladine stempeln lässt, wäre ganz unverständlich, wenn er bezüglich der Nationalität solche Anschauungen gehabt hätte.


Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 7, 1875; Regesten zur schlesischen Geschichte, Th. 2: Bis zum Jahre 1280. Herausgegeben von Colmar Grünhagen.